Новгород и Ганза
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Die Lage der deutschen Handelsleute in Nowgorod verschlechterte sich mit jedem Jahr. Bei der Errichtung der neuen Pforte am gotl"andischen Hof brach ein scharfer Streit 1439 zwischen den Kaufleuten und den Strassenaltesten (Gemeindevorstehern) der Michailovskaja Strafie, der bild-reich in einem Bericht der Kaufleute nach Derpt und Revel beschrieben wurde. Es ging um die deutsche Aneignung des Strassenterritoriums wah-rend des Pfortebaus. In der Tat war die Flache des vereinnahmten Grund-stuckes winzig, ja nur Handflache. Bei der Errichtung des Pfortepfostens gingen die neuen Pfeiler nicht in das alte Loch, deshalb war es notwendig, das Holzpflaster an der Michajlovskaja Strasse ein bisschen zu behauen. Das hat die stark negative Reaktion der Nowgoroder hervorgerufen, die den Posadnik und Tausendf"uhrer f"ur die Hilfe angerufen haben. Es ging nat"urlich nicht um die Grosse des eingenommenen Territoriums, sondern urns Prinzip. Die Verhaltnisse mit den deutschen Kaufleuten wurden in diesen Jahren standig von der gegenseitigen Beschlagnahme und von den Verhaftungen der Kaufleute; von den Vorw"urfen, die Waren seien minderwertig begleitet. Die Nowgoroder wollten auf keinen Fall den Deutschen nachgeben und dies zeigte sich in jeder Kleinigkeit.
Die bedeutenden Anderungen, die im Handel zwischen Hanse und Nowgorod in der ersten Halfte des XV. Jahrhunderts stattfanden haben, verlangten die Anderung des existierenden Statutes des Handelshofes. Die Frage der neuen Schrafassung wurde an einigen livl"andischen Tagungen, anfangend im Jahre 1450, betrachtet. Als die livl"andischen St"adte die offizielle Verwaltungsmacht im nowgoroder Kontor bekamen, strebten sie offensichtlich danach, es juristisch in einer neuen Schrafassungen zu fixieren. Die in Pernau 1465 stattgefundene Tagung hat die Entscheidung getroffen, die neue Fassung von Schra vorzubereiten. Die Quellen berichten, Derpt, Revel, Lubeck und die anderen 73 St"adte haben schon im Jah-rel466 zusammen mit den Kaufleuten eine neue Schra f"ur den Handelshof veroffentlicht.
Die Veranderungen in dem Hansekontor in Nowgorod betrafen auch die Ordnung selbst, den Handel zu f"uhren. Es wurde z.B. noch am Anfang des XIV. Jahrhunderts ein Beschluss gefasst, der verbot, einen Makler am Handelshof zu haben, d.h. einen Vermittler zwischen dem Kaufer und Verkaufer. Die Makler wurden aber zur Mitte des XV. Jahrhunderts am Handelshof gesetzlich festgelegt. Zum ersten Mai wurden sie in der Urkunde aus dem Jahre 1437 erwahnt. 1452 wurde eine Maklersordnung am Petrushandelshof festgelegt, in deren die Rechte und Verpflichtungen des Geschaftsvermittlers bestimmt wurden.
Die zweite Halfte des XV. Jahrhunderts war, auch so wie die fr"uheren Perioden, voll von den unendlichen Konflikten. Die Streitigkeiten, in den Verhaltnissen zwischen Nowgorod und Hanse tauchten wegen der Nichtbefolgung der Handelsregel, wegen der schlechten Warensqualitat usw. auf. In jedem Vertrag wurden die Bedingungen wiederholt, die Kriegs-handlungen sollten die Anreise der Kaufleute in Nowgorod nicht beeinflussen. Ungeachtet dessen wirkten sich die Kriegskonflikte zwischen Nowgorod und dem Orden standig negativ f"ur den Handel aus. Die Forscher weisen darauf hin, dass die Konzentration des hanseatischen Handels in den Handen der livl"andischen St"adte zu deren engen Abhangigkeit von den Beziehungen zwischen Nowgorod und dem Orden f"uhrte. Der Orden versuchte schon seit langem den nowgorod-hanseatischen Handel zu beeinflussen. Besonders pragnant kam diese Abhangigkeit am Ende der 30-er, in den 40-ern Jahren des XV. Jahrhunderts zur Geltung. So z.B. folgten 1439, 1440 die Verbote von der Seite des Ordens, Salz und Pferde nach Russland einzuf"uhren. Im Jahre 1441 wurden die deutschen Kaufleute in Nowgorod verhaftet. Das war die Antwort auf die den Nowgorodern in Revel und Narva zugefugten Beleidigungen. Die Lage der Hanseater verschlechterte sich nach den misslungenen Verhandlungen zwischen den Botschaftern aus Nowgorod und der des livl"andischen (Deutschen) Ordens in Narva 1442 so sehr, dass der Handeslhofkommis nach Derpt mitteilte, die Nowgoroder drohten ihm mit dem Tod.
Es wurde 1443 an der livl"andischen Tagung in Pernau der Entschluss gefasst, das Kontor in Nowgorod zu schliefien. Riga bat dabei Danzig im Namen aller livl"andischen St"adte, "uber dieses Verbot die tibrigen hanseatischen St"adte zu informieren. Tagungsbeschlusse ordneten den deutschen Kaufleuten an, den Handelshof zu verlassen, die Kirche zu schliefien und die Schltissel wie gewohnlich dem Erzbischog von Nowgorod, dem Archimandrit des Jurij-Klosters zu ubergeben.
Dieser Konflikt war einer der schwersten und m"uhsamsten in der Geschichte der novgorod-hanseatischen Verhaltnisse, die sich in dieser Zeit so zugespitzt haben, dass die Kirchenbehorde der St"adt f"ur die Abwe-senszeit der Deutschen in Nowgorod zum ersten Mai abgelehnt hat, die Schlussel der deutschen Kirche und des Handelshof entgegenzunehmen und zu verwahren, wie es fruher der Fall war.
Der 1443 ausgebrochene Krieg zwischen Nowgorod und dem Deutschen Orden verschlechterte die schon ohnehin zugespitzten Handerlsverhaltnisse. Die hanseatischen Waren wurden trotz des festgelegten Verbotes, nach Nowgorod via Pleskau geliefert, mit dem die hanseatischen Kaufleute noch Handel trieben. Der Ordensmeister hat in diesem Zusammenhang Revel befohlen, die Wege zwischen Revel und Derpt zu sperren, weil die von dort ankommenden Waren zuerst in Pleskau und dann schliesslich in Nowgorod landeten. Die livl"andischen St"adte und insbesondere Revel waren jedoch mit dieser Geschaftslage unzufrieden, weil sie grosse Verluste wegen des Handeslverbot in Nowgorod erlitten. Sie schlugen des-halb schon im Jahre 1444 dem Ordensmeister vor, die Kriegshandlungen einzustellen und einen Friedensvertrag mit Nowgorod zu schliessen. Die St"adte drohten dem Ordensmeister damit, dass sie im Ablehnungsfall einen anderen Gonner f"ur sich finden werden. Sie beharrten ausserdem darauf, dass der Orden sich nicht die Handelsangelegenheiten der St"adte einmi-schen und sie mit den politischen Angelegenheiten des Staates verwech-seln darf. Nach der Vertragsunterzeichnung 1448 zwischen Pleskau, Nowgorod und Orden machten sich die livl"andischen St"adte an die Regelung ihrer Verhaltnisse mit Nowgorod.
Die nachsten Verhandlungen zwischen Nowgorod und den hanseatischen St"adten, die von Derpt und Revel vertreten wurden, fanden im Herbst 1468 statt. Die Nowgoroder wollten die deutschen Kaufleute f"ur den Schaden haftbar machen, die die Nowgoroder im Handel mit der deutschen Seite immer erlitten. Die Botschafter waren durch solche unver-schamten Forderungen emport und befahlen die Kirche zuzumauern, d.h. zu schliessen, und Nowgorod zusammen mit den Kaufleuten zu verlassen. Die in Februar und April 1469 in Wolmar und Lubeck stattgefundenen Tagungen haben diesen Beschluss bestatigt. Die Lubecker Tagung 1470 hat das Handelsverbot mit Nowgorod bestatigt, und warnte dabei vor den Schmuggelreisen zur Nevamtindung. Das Verbot gait auch f"ur die livl"andischen St"adte, die pflegten, wahrend der Konflikte mit Nowgorod Handel zu treiben. Im Jahre 1472 haben schliesslich die Verhandlungen begonnen, die zur Unterzeichnung eines Friedensvertrages f"uhrten. Das war der letze Handelsvertrag zwischen Hanse und Nowgorod, da die St"adt noch unab-hangig war.
Im Jahre 1478 zog der Grossfurst Ivan III. ins Feld gegen Nowgorod. Die nowgoroder Republik verlor infolge dieses Feldzuges ihre Unabhan-gigkeit und war dem Grossfursten von Moskau unterworfen. Dieser Feldzug hatte Folgen f"ur das Schicksal des nowgorod-hanseatischen Handels insgesamt, des Handelskontors in Nowgorod und seiner Bewohner im be-sonderen. Die livl"andischen St"adte berichteten nach Lubeck, dass die deutschen Kaufleute mit ihren Waren in Nowgorod verhaftet wurden, weil der Grossfurst die St"adt Nowgorod unter seine Herrschaft gebracht hatte. Es erfolgten 1484 die Verhandlungen mit Nowgorod "uber die Erhaltung der deutschen Hofe und der deutschen Kirche in Nowgorod. Als diesbezugliche Antwort auf den Brief aus Derpt kam eine Urkunde aus Nowgorod, die den Wunsch und das Einverstandnis von Nowgorodern ausdr"uckte, nach alter Art und Weise zu handeln.
Die wirtschaftlichen Grundlagen des nowgoroder Bojarentums (der alte Adel in Nowgorod) — Landbesitz, Teilnahme an dem internationallen Handel usw. — blieben nach dem Anschluss Nowgorod in das moskauer Reich unverandert. Trotz der Abschaffung der Unabhangigkeit und der Umbildung der Verwaltungsstrukturen und Dienstsstellen in der Republik blieb die okonomische Situation bis in die Mitte der 80-er Jahre des XV. Jahrhunderts stabil. Erst nach der Entfernung der Bojaren 1480–1484 und der Besetzung durch die Moskauer fand die radikale Umgestaltung des nowgoroder Wirtschaftssystems statt. Das Kontingent der Handelsleute in Nowgorod, die den Handel mit den westeuropaischen Partnern trieben, hat sich in dieser Zeit geandert, was weitere Schwierigkeiten f"ur die hanseatischen Kaufleuten bedeutete. Sie mussten sich in der neuen Situation orientieren und neue Handelskontakte kntipfen.
Es ist darauf hinzuweisen, dafi es ausschliesslich die livl"andischen St"adte waren, die die entstandene schwierige Lage im nowgorod-hanse-atischen Handel beilegten. Sie wurden mit dem Vorschlag initiativ, eine Botschaft 1486 nach Moskau zu schicken, um bei dem Grossfurst die Bestatigung ihrer alten Handelsfreiheiten zu bekommen. Als Antwort darauf hat Ivan III. seinen Statthalter in Nowgorod bevollmachtigt, den Frieden mit den Hanseaten zu schliessen.
Das Hansekontor in Nowgorod wurde 1494 nach dem Befehl von Ivan III. geschlossen, der eigentlich im Begriff war, die 1494 entstandene Auseinandersetzung friedlich beizulegen. Der deutsche Handeslhof in Nowgorod wurde nach der Hinrichtung zweier russischer Kaufleute in Revel, das die Verletzung der Vertragsbedingungen bedeutete geschlossen, die Kaufleute wurden verhaftet und ihre Waren beschlagnahmt.
Es gab wahrend der Verhaftung im Hof 49 Kaufleute aus 18 St"adten; die Mehrheit (17 Personen) bildeten die Vertreter aus Lubeck; 7 Leute waren aus Derpt, unter deren der Hofskommis; Dortmund, Koosfeld und Revel wurden durch 9 Kaufleute vertreten; Luneberg, Scheperod und Schwerin haben je 2 Kaufleute geschickt. Aus Hamburg, Munster, Bre-ckenfeld, Inn, Duisborg, Frankfurt, Emeke, Duderstadt, Greifswald, Lem-garden stammte je eine Person. Das ist die einzigste erhaltende Liste f"ur die ganze Zeit, als das Kontor in Nowgorod bestand, in der die Teilnahme der St"adte an den Nowgorodreisen zum Ausdruck kam. Es ist zweifellos