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ЖАНРЫ

Сиддхартха (На немецком языке)
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"Du pilgerst," sagte Govinda. "Aber wenige pilgern in solchem Kleide, wenige in solchen Schuhen, wenige mit solchen Haaren. Nie habe ich, der ich schon viele Jahre pilgere, solch einen Pilger angetroffen."

"Ich glaube es dir, mein Govinda. Aber nun, heute, hast du eben einen solchen Pilger angetroffen, in solchen Schuhen, mit solchem Gewande. Erinnere dich, Lieber: VergXnglich ist die Welt der Gestaltungen, vergXnglich, hXchst vergXnglich sind unsere GewXnder, und die Tracht unserer Haare, und unsere Haare und KXrper selbst. Ich trage die Kleider eines Reichen, da hast du recht gesehen. Ich trage sie, denn ich bin ein Reicher gewesen, und trage das Haar wie die Weltleute und LXstlinge, denn einer von ihnen bin ich gewesen. "

"Und jetzt, Siddhartha, was bist du jetzt?"

"Ich weiX es nicht, ich weiX es so wenig wie du. Ich bin unterwegs. Ich war ein Reicher, und bin es nicht mehr; und was ich morgen sein werde, weiX ich nicht."

"Du hast deinen Reichtum verloren?"

"Ich habe ihn verloren, oder er mich. Er ist mir abhanden gekommen. Schnell dreht sich das Rad der Gestaltungen, Govinda. Wo ist der Brahmane Siddhartha? Wo ist der Samana Siddhartha? Wo ist der Reiche Siddhartha? Schnell wechselt das VergXngliche, Govinda, du weiXt es.

Govinda blickte den Freund seiner Jugend lange an, Zweifel im Auge. Darauf grXte er ihn, wie man Vornehme grXt, und ging seines Weges.

Mit lXchelndem Gesicht schaute Siddhartha ihm nach, er liebte ihn noch immer, diesen Treuen, diesen Xngstlichen. Und wie hXtte er, in diesem Augenblick, in dieser herrlichen Stunde nach seinem wunderbaren Schlafe, durchdrungen von Om, irgend jemand und irgend etwas nicht lieben sollen! Eben darin bestand die Verzauberung, welche im Schlafe und durch das Om in ihm geschehen war, dass er alles liebte, dass er voll froher Liebe war zu allem, was er sah. Und eben daran, so schien es ihm jetzt, war er vorher so sehr krank gewesen, dass er nichts und niemand hatte lieben kXnnen.

Mit lXchelndem Gesichte schaute Siddhartha dem hinweggehenden MXnche nach. Der Schlaf hatte ihn sehr gestXrkt, sehr aber quXlte ihn der Hunger, denn er hatte nun zwei Tage nichts gegessen, und lange war die Zeit vorXber, da er hart gegen den Hunger gewesen war. Mit Kummer, und doch auch mit Lachen, gedachte er jener Zeit. Damals, so erinnerte er sich, hatte er sich vor Kamala dreier Dinge gerXhmt, hatte drei edle und unXberwindliche KXnste gekonnt: Fasten X Warten X Denken. Dies war sein Besitz gewesen, seine Macht und Kraft, sein fester Stab, in den fleiXigen, mXhseligen Jahren seiner Jugend hatte er diese drei KXnste gelernt, nichts anderes. Und nun hatten sie ihn verlassen, keine von ihnen war mehr sein, nicht Fasten, nicht Warten, nicht Denken. Um das Elendeste hatte er sie hingegeben, um das VergXnglichste, um SinnenIust, um Wohlleben, um Reichtum! Seltsam war es ihm in der Tat ergangen. Und jetzt, so schien es, jetzt war er wirklich ein Kindermensch geworden.

Siddhartha dachte Xber seine Lage nach. Schwer fiel ihm das Denken, er hatte im Grunde keine Lust dazu, doch zwang er sich.

Nun, dachte er, da alle diese vergXnglichsten Dinge mir wieder entglitten sind, nun stehe ich wieder unter der Sonne, wie ich einst als kleines Kind gestanden bin, nichts ist mein, nichts kann ich, nichts vermag ich, nichts habe ich gelernt. Wie ist dies wunderlich! Jetzt, wo ich nicht mehr jung bin, wo meine Haare schon halb grau sind, wo die KrXfte nachlassen, jetzt fange ich wieder von vorn und beim Kinde an! Wieder musste er lXcheln. Ja, seltsam war sein Geschick! Es ging abwXrts mit ihm, und nun stand er wieder leer und nackt und dumm in der Welt. Aber Kummer darXber konnte er nicht empfinden, nein, er fXhlte sogar groXen Anreiz zum Lachen, zum Lachen Xber sich, zum Lachen Xber diese seltsame, tXrichte Welt.

"AbwXrts geht es mit dir!" sagte er zu sich selber, und lachte dazu, und wie er es sagte, fiel sein Blick auf den Fluss, und auch den Fluss sah er abwXrts gehen, immer abwXrts wandern, und dabei singen und frXhlich sein. Das gefiel ihm wohl, freundlich lXchelte er dem Flusse zu. War dies nicht der Fluss, in welchem er sich hatte ertrXnken wollen, einst, vor hundert Jahren, oder hatte er das getrXumt?

Wunderlich in der Tat war mein Leben, so dachte er, wunderliche Umwege hat es genommen. Als Knabe habe ich nur mit GXttern und Opfern zu tun gehabt. Als JXngling habe ich nur mit Askese, mit Denken und Versenkung zu tun gehabt, war auf der Suche nach Brahman, verehrte das Ewige im Atman. Als junger Mann aber zog ich den BXern nach, lebte im Walde, litt Hitze und Frost, lernte hungern, lehrte meinen Leib absterben. Wunderbar kam mir alsdann in der Lehre des groXen Buddha Erkenntnis entgegen, ich fXhlte Wissen um die Einheit der Welt in mir kreisen wie mein eigenes Blut. Aber auch von Buddha und von dem groXen Wissen musste ich wieder fort. Ich ging und lernte bei Kamala die Liebeslust, lernte bei Kamaswami den Handel, hXufte Geld, vertat Geld, lernte meinen Magen lieben, lernte meinen Sinnen schmeicheln. Viele Jahre musste ich damit hinbringen, den Geist zu verlieren, das Denken wieder zu verlernen, die Einheit zu vergessen. Ist es nicht so, als sei ich langsam und auf groXen Umwegen aus einem Mann ein Kind geworden, aus einem Denker ein Kindermensch? Und doch ist dieser Weg sehr gut gewesen, und doch ist der Vogel in meiner Brust nicht gestorben. Aber welch ein Weg war das! Ich habe durch so viel Dummheit, durch so viel Laster, durch so viel Irrtum, durch so viel Ekel und EnttXuschung und Jammer hindurchgehen mXssen, bloX um wieder ein Kind zu werden und neu anfangen zu kXnnen. Aber es war richtig so, mein Herz sagt Ja dazu, meine Augen lachen dazu. Ich habe Verzweiflung erleben mXssen, ich habe hinabsinken mXssen bis zum tXrichtesten aller Gedanken, zum Gedanken des Selbstmordes, um Gnade erleben zu kXnnen, um wieder Om zu vernehmen, um wieder richtig schlafen und richtig erwachen zu kXnnen. Ich habe ein Tor werden mXssen, um Atman wieder in mir zu finden. Ich habe sXndigen mXssen, um wieder leben zu kXnnen. Wohin noch mag mein Weg mich fXhren? NXrrisch ist er, dieser Weg, er geht in Schleifen, er geht vielleicht im Kreise. Mag er gehen, wie er will, ich will ihn gehen.

Wunderbar fXhlte er in seiner Brust die Freude wallen.

Woher denn, fragte er sein Herz, woher hast du diese FrXhlichkeit? Kommt sie wohl aus diesem langen, guten Schlafe her, der mir so sehr wohlgetan hat? Oder von dem Worte Om, das ich aussprach? Oder davon, dass ich entronnen bin, dass meine Flucht vollzogen ist, dass ich endlich wieder frei bin und wie ein Kind unter dem Himmel stehe? O wie gut ist dies Geflohensein, dies Freigewordensein! Wie rein und schXn ist hier die Luft, wie gut zu atmen! Dort, von wo ich entlief, dort roch alles nach Salbe, nach GewXrzen, nach Wein, nach Xberfluss, nach TrXgheit. Wie hasste ich diese Welt der Reichen, der Schlemmer, der Spieler! Wie habe ich mich selbst gehasst, dass ich so lang in dieser schrecklichen Welt geblieben bin! Wie habe ich mich gehasst, habe mich beraubt, vergiftet, gepeinigt, habe mich alt und bXse gemacht! Nein, nie mehr werde ich, wie ich es einst so gerne tat, mir einbilden, dass Siddhartha weise sei! Dies aber habe ich gut gemacht, dies gefXllt mir, dies muss ich loben, dass es nun ein Ende hat mit jenem Hass gegen mich selber, mit jenem tXrichten und Xden Leben! Ich lobe dich, Siddharta, nach so viel Jahren der Torheit hast du wieder einmal einen Einfall gehabt, hast etwas getan, hast den Vogel in deiner Brust singen hXren und bist ihm gefolgt!

So lobte er sich, hatte Freude an sich, hXrte neugierig seinem Magen zu, der vor Hunger knurrte. Ein StXck Leid, ein StXck Elend hatte er nun, so fXhlte er, in diesen letzten Zeiten und Tagen ganz und gar durchgekostet und ausgespien, bis zur Verzweiflung und bis zum Tode ausgefressen. So war es gut. Lange noch hXtte er bei Kamaswami bleiben kXnnen, Geld erwerben, Geld vergeuden, seinen Bauch mXsten und seine Seele verdursten lassen, lange noch hXtte er in dieser sanften, wohlgepolsterten HXlle wohnen kXnnen, wXre dies nicht gekommen: der Augenblick der vollkommenen Trostlosigkeit und Verzweiflung, jener XuXerste Augenblick, da er Xber dem strXmenden Wasser hing und bereit war, sich zu vernichten. Dass er diese Verzweiflung, diesen tiefsten Ekel gefXhlt hatte, und dass er ihm nicht erlegen war, dass der Vogel, die frohe Quelle und Stimme in ihm doch noch lebendig war, darXber fXhlte er diese Freude, darXber lachte er, darXber strahlte sein Gesicht unter den ergrauten Haaren.

"Es ist gut," dachte er, "alles selber zu kosten, was man zu wissen nXtig hat. Dass Weltlust und Reichtum nicht vom Guten sind, habe ich schon als Kind gelernt. Gewusst habe ich es lange, erlebt habe ich es erst jetzt. Und nun weiX ich es, weiX es nicht nur mit dem GedXchtnis, sondern mit meinen Augen, mit meinem Herzen, mit meinem Magen. Wohl mir, dass ich es weiX!"

Lange sann er nach Xber seine Verwandlung, lauschte dem Vogel, wie er vor Freude sang. War nicht dieser Vogel in ihm gestorben, hatte er nicht seinen Tod gefXhlt? Nein, etwas anderes in ihm war gestorben, etwas, das schon, lange sich nach Sterben gesehnt hatte. War es nicht das, was er einst in seinen glXhenden BXerjahren hatte abtXten wollen? War es nicht sein Ich, sein kleines, banges und stolzes Ich, mit dem er so viele Jahre gekXmpft hatte, das ihn immer wieder besiegt hatte, das nach jeder AbtXtung wieder da war, Freude verbot, Furcht empfand? War es nicht dies, was heute endlich seinen Tod gefunden hatte, hier im Walde an diesem lieblichen Flusse? War es nicht dieses Todes wegen, dass er jetzt wie ein Kind war, so voll Vertrauen, so ohne Furcht, so voll Freude?

Nun auch ahnte Siddhartha, warum er als Brahmane, als BXer vergeblich mit diesem Ich gekXmpft hatte. Zu viel Wissen hatte ihn gehindert, zu viel heilige Verse, zu viel Opferregeln, zu viel Kasteiung, zu viel Tun und Streben! Voll Hochmut war er gewesen, immer der KlXgste, immer der Eifrigste, immer allen um einen Schritt voran, immer der Wissende und Geistige, immer der Priester oder Weise. In dies Priestertum, in diesen Hochmut, in diese Geistigkeit hinein hatte sein Ich sich verkrochen, dort saX es fest und wuchs, wXhrend er es mit Fasten und BuXe zu tXten meinte. Nun sah er es, und sah, dass die heimliche Stimme Recht gehabt hatte, dass kein Lehrer ihn je hXtte erlXsen kXnnen. Darum hatte er in die Welt gehen mXssen, sich an Lust und Macht, an Weib und Geld verlieren mXssen, hatte ein HXndler, ein WXrfelspieler, Trinker und Habgieriger werden mXssen, bis der Priester und Samana in ihm tot war. Darum hatte er weiter diese hXlichen Jahre ertragen mXssen, den Ekel ertragen, die Lehre, die Sinnlosigkeit eines Xden und verlorenen Lebens, bis zum Ende, bis zur bittern Verzweiflung, bis auch der LXstling Siddhartha, der Habgierige Siddhartha sterben konnte. Er war gestorben, ein neuer Siddhartha war aus dem Schlaf erwacht. Auch er wXrde alt werden, auch er wXrde einst sterben mXssen, vergXnglich war Siddhartha, vergXnglich war jede Gestaltung. Heute aber war er jung, war ein Kind, der neue Siddhartha, und war voll Freude.

Diese Gedanken dachte er, lauschte lXchelnd auf seinen Magen, hXrte dankbar einer summenden Biene zu. Heiter blickte er in den strXmenden Fluss, nie hatte ihm ein Wasser so wohl gefallen wie dieses, nie hatte er Stimme und Gleichnis des ziehenden Wassers so stark und schXn vernommen. Ihm schien, es habe der Fluss ihm etwas Besonderes zu sagen, etwas, das er noch nicht wisse, das noch auf ihn warte. In diesem Fluss hatte sich Siddhartha ertrXnken wollen, in ihm war der alte, mXde, verzweifelte Siddhartha heute ertrunken. Der neue Siddhartha aber fXhlte eine tiefe Liebe zu diesem strXmenden Wasser, und beschloss bei sich, es nicht so bald wieder zu verlassen.

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