Heute oder nie!
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DOKTOR: Versteht sich, Sie sind eingeladen.
MARINA: Ich m"ochte nicht aufdringlich erscheinen, aber wenn ein Mann eine Frau einl"adt, teilt er ihr gew"ohnlich mit, wohin und wann er sie abholt, oder wo und wann sie sich treffen sollen. Ich muss mich vorbereiten. Ich gehe doch nicht zu einem Rendezvous mit Ihnen in so einem Aufzug, in diesen Lumpen…
DOKTOR: Mir passen diese Lumpen vollkommen.
MARINA: Nein, nein, ich muss mich umziehen. Also, ich schaue in eineinhalb Stunden herein, und wir reden "uber alles. Und gleichzeitig nehme ich die Krankengeschichte mit.
DOKTOR: Ausgezeichnet.
MARINA: Haben Sie die Unterredung mit meinem Mann schon beendet?
DOKTOR: Noch nicht.
MARINA: Dann lasse ich ihn Ihnen noch hier. (Mit einem vielversprechenden L"acheln.) Bis bald.
Marina geht hinaus. Der Doktor bleibt alleine. Sein Gesicht dr"uckt eine Mischung von Freude und Verwirrung aus. Nachdem er eine Weile hin und hergegangen ist, setzt er sich an den PC und beginnt die Datei mit der Krankengeschichte zu suchen. Anton tritt ein.
ANTON: Doktor…
DOKTOR: (Leidend.) Sagen Sie mir bloss nicht, dass Sie an Ged"achtnisverlust leiden.
ANTON: Ich leide auch nicht an Ged"achtnisverlust. Woher haben Sie das denn?
DOKTOR: Also, was wollen Sie dann von mir?
ANTON: Meine Frau hat mir aufgetragen, im Wartezimmer zu warten, aber mir ist dort langweilig. Kann ich hier sitzen?
DOKTOR: Lieber im Wartezimmer.
ANTON: Lieber hier.
DOKTOR: Nun, gut. Unter einer Bedingung: Sie werden schweigen.
ANTON: Ich werde kein Wort sagen.
DOKTOR: Vergessen Sie dieses Versprechen nicht.
ANTON: Ich vergesse nie etwas.
DOKTOR: (Aufatmend.) Na, wunderbar.
Anton setzt sich bescheiden in eine Ecke. Der Doktor sucht im PC die Krankengeschichte, offenbar erfolglos. Er wendet sich zur Absicherung an Anton.
DOKTOR: Erinnern Sie sich nicht zuf"allig, ob ich eine Krankengeschichte "uber Sie angelegt habe?
ANTON: Das haben Sie.
DOKTOR: Wann? Heute Morgen?
ANTON: Nein, schon lange. Vor einem oder zwei Jahren.
DOKTOR: Und Sie erinnern sich daran?
ANTON: Nat"urlich erinnere ich mich.
DOKTOR: Warum kann ich sie dann nicht im PC finden?
ANTON: Ich weiss nicht. Soll ich Ihnen helfen?
DOKTOR: Nein, danke. (Beginnt wieder im PC zu suchen.)
Eine Frau in einem tadellosen englischen Kost"um tritt ein. Ihre Bewegungen sind selbstsicher, die Sprache klar und deutlich, die Manieren entschieden.
FRAU: Guten Morgen.
ANTON: (Erfreut.) Du bist das?
FRAU: Wie du siehst, Lieber.
ANTON: Und ich langweile mich hier ohne dich. Wie gut, dass du gekommen bist. (Beide umarmen und k"ussen sich.)
FRAU: Bring das Hemd in Ordnung und k"amm dich! Wie f"uhlst du dich?
ANTON: Ausgezeichnet.
DOKTOR: Gestatten Sie, wer sind Sie?
ANTON: Das ist meine Frau.
FRAU: (Reicht dem Doktor die Hand.) Ich heisse, wie Sie schon wissen Johanna Gl"ockner.
DOKTOR: (Verbl"ufft.) Sehr angenehm.
FRAU: Habe ich Sie nicht gest"ort?
DOKTOR: Nein, in keiner Weise. Entschuldigen Sie. Setzen Sie sich. (Nimmt Anton zur Seite.) Wer ist diese Frau?
ANTON: Das hab ich doch gesagt, meine Frau.
DOKTOR: Aber Sie haben doch vor kurzem an diesem selben Ort eine andere Frau umarmt und sie auch Ihre Frau genannt!
ANTON: Doktor, Sie haben Halluzinationen. Behandeln Sie sich! Hier war keine Frau.
DOKTOR: Vollkommen durcheinander, nimmt die n"achste Dosis Medizin ein. Nachdem er die Gedanken geordnet hat, wendet er sich an Johanna.
DOKTOR: Ich hoffe, Sie sind nicht beleidigt, wenn ich Sie bitte irgendeines Ihrer Dokumente vorzuweisen.
FRAU: Seltsame Bitte. Aber, bitte. Hier ist mein F"uhrerschein. (Reicht ihm das Dokument.) Johanna Gl"ockner. Zu Ihren Diensten.
DOKTOR: (Sieht sich den F"uhrerschein aufmerksam an und gibt ihn zur"uck. Verst"andnislos.) Alles in Ordnung.
JOHANNA: Und Sie haben daran gezweifelt? Ich bitte nicht um Ihre Dokumente, weil ich weiss, wer Sie sind. Es w"urde nat"urlich nicht schaden, Ihre Lizenz zu pr"ufen, aber das ist Sache der Staatsanwaltschaft, und ich bin Anwalt. Hier, "ubrigens, meine Visitenkarte.
DOKTOR: Was verdanke ich Ihre Visite?
JOHANNA: Mich beunruhigt die Gesundheit meines Mannes.
DOKTOR: Mich auch. Aber ich w"urde bevorzugen, mit ihnen dar"uber unter vier Augen zu reden.
JOHANNA: (An den Mann gerichtet.) Lieber, warte ein bisschen auf mich im Wartezimmer, und danach fahren wir zusammen nachhause.
Anton geht gehorsam hinaus.
DOKTOR: Sagen Sie, wissen Sie, dass Ihr… "ah… Mann krank ist?
JOHANNA: Wie k"onnte ich das nicht wissen!
DOKTOR: Und Sie wissen, an was er leidet?
JOHANNA: Er leidet an Ged"achtnisverlust.
DOKTOR: Seit wann?
JOHANNA: (Verwundert.) Was heisst „seit wann“?
DOKTOR: Seit wann ist er krank?
JOHANNA: (Verwundert.) Wissen Sie das denn nicht?
DOKTOR: Weshalb sollte ich das wissen?
JOHANNA: Aber Sie behandeln ihn doch schon zwei Jahre, wenn nicht l"anger!
DOKTOR: Ich? Zwei Jahre??
JOHANNA: Doktor, was ist mit Ihrem Ged"achtnis? Wie k"onnen Sie einen Kranken behandeln, wenn Sie sich selbst an nichts erinnern?
DOKTOR: Nun gut, m"ogen es zwei Jahre sein. Erz"ahlen Sie von der Krankheit Ihres Mannes genauer. Haben Sie es schwer mit ihm?
JOHANNA: Welche Frau hat es leicht mit ihrem Mann?
DOKTOR: Vertiefen wir uns nicht in pers"onliche Probleme, reden wir "uber die medizinischen. Wie genau dr"uckt sich seine Krankheit aus?