О любви. Wo die Liebe hinf?llt
Шрифт:
„Meinen Namen habe ich so lange nicht geh"ort, dass ich ihn schon fast vergessen habe. Doch fr"uher nannte man mich Hartlieb. Meine Mutter war Weissn"aherin bei K"onig August. Irgendwann wurde sie seine Geliebte. Die Ehe des K"onigs war damals noch kinderlos, und als meine Mutter ihm sagte, dass sie ein Kind von ihm trug, freute er sich sehr. Als die K"onigin dies erfuhr, wurde sie sehr zornig. Nach aussen aber liess sie sich nichts anmerken, denn sie war eine kluge Frau. Und so ging sie heimlich zu einer Kr"auterfrau und klagte "uber ihre Kinderlosigkeit. Die kr"auterkundige Frau braute ihr einen Trank, und diesen nahm sie "uber eine lange Zeit hinweg ein – so lange, dass sie schon an seiner Wirkung zu zweifeln begann. W"ahrenddessen wuchs Hartlieb heran, und der K"onig kam oft in das Haus seiner Geliebten und verbrachte viel Zeit mit seinem Sohn, sehr zum "Arger der K"onigin. Das Kr"auterweib war jedoch keine Betr"ugerin. Nach vielen Jahren fand sich die K"onigin endlich in gesegneten Umst"anden und brachte schliesslich Zwillinge zur Welt. Die Freude des K"onigs war nat"urlich gross. Bald schon hatte er mich, seinen unehelichen Sohn, vollkommen vergessen. Die K"onigin nutzte die Gelegenheit, meine Mutter endlich loszuwerden, indem sie sie vom Hof verbannte. Als das K"onig August zu Ohren kam, wollte er sich dem nicht offen widersetzen, da er nicht mit der K"onigin streiten wollte, doch er bat einen Herzog, der sein Freund war, die k"onigliche Weissn"aherin und ihren Sohn in Dienst zu nehmen. Der Herzog entsprach dieser Bitte gern. Der Herzog hatte einen Sohn, der ungef"ahr in meinem Alter war. Wir wuchsen zusammen auf und wurden enge Freunde, und das blieben wir auch, als wir erwachsen waren und er heiratete und schliesslich die Regentschaft "uber das Herzogtum "ubernahm. Leider fand unsere Freundschaft ein trauriges Ende: Als wir eines Tages zusammen auf der Jagd waren, scheuchten wir eine B"arenmutter auf, vor deren Tatzen ich ihn nicht retten konnte.
Kurz nachdem ich meinen Herrn und Freund verloren hatte, starb auch meine Mutter. Ich blieb in den Diensten von Antonia, der Witwe des Herzogs, und ihrer Tochter Friederike, die damals noch ganz klein war. Aber je l"anger ich ihnen diente, desto klarer wurde mir, dass ich meine Herrin mehr liebte als das Leben selbst. Lange wagte ich nicht, der Herzogin meine Liebe zu gestehen, da ich meinte, ich sei ihrer nicht w"urdig. Schliesslich aber fasste ich mir doch ein Herz und offenbarte mich ihr.
„Hartlieb“, antwortete sie, „du warst ein Freund meines Mannes, nur deshalb habe ich mir "uberhaupt angeh"ort, was ich eigentlich gar nicht h"oren durfte. In meinem Haus warst und bleibst du ein Diener – nicht weil du mir nicht lieb w"arest, sondern weil du unehelich bist.“
Der Hochmut, der aus diesen Worten sprach, traf mich tief und brachte meine Gef"uhle f"ur die Herzogin ins Wanken. „In meinen Adern fliesst mehr k"onigliches Blut als in deinen“, entgegnete ich scharf.
„Mag sein“, antwortete die Frau, die ich liebte. „Doch mein Blut reicht daf"ur, dass die Gesellschaft mich anerkennt und achtet. Wer aber wird dein k"onigliches Blut anerkennen, wenn nicht einmal dein Vater es tat und dich fortschickte?“ Sie schaute mich nicht an dabei. Ich wusste, dass sie mich nicht wirklich gering achtete, doch wie immer sie selbst dar"uber dachte, sie h"atte es niemals "uber sich gebracht, sich gegen die Gesellschaft aufzulehnen und durch eine Heirat mit mir ihr Ansehen und wom"oglich auch die Zukunft ihrer einzigen Tochter zu gef"ahrden.
Ich war zutiefst verletzt, aber was konnte ich tun? Ohne ein weiteres Wort verliess ich das Haus, und noch am selben Tag ging ich f"ur immer fort. Lange wanderte ich umher. Endlich fand ich diese H"utte und liess mich hier nieder. Ich weiss nicht, wie viele Jahre ich hier schon lebe. Man nennt mich den Waldmenschen, da ich diesen Wald nie verlasse. Ich war noch jung und gutaussehend, als ich von Antonia fortging, aber als ich hier ankam, war ich alt geworden – aus Kummer. Wie du siehst, ist mein Haar weiss, aber nicht vom Alter, sondern weil ich ungl"ucklich bin – denn ich habe meine einzige Liebe verloren.“
Donatus war ganz fasziniert von der ungew"ohnlichen Geschichte. „Und was ist aus Antonia geworden?“, fragte er. „Hat sie noch einmal geheiratet?“
„Nachdem ich weggegangen war, kamen Ger"uchte auf, ein Diener h"atte der Herzogin einen Heiratsantrag gemacht, aber einen Korb bekommen. Niemand wusste ja, dass ich der uneheliche Sohn des K"onigs bin. Danach zog Antonia sich zur"uck und verliess kaum noch das Haus. Sie lebt dort heute noch mit ihrer Tochter Friederike.“
Eine Weile schwiegen beide und hingen ihren Gedanken nach. Dann sah der Waldmensch Donatus an und fragte:
„Und du, mein Freund, wo kommst du her und was suchst du hier in der Fremde? Oder hast du auch etwas verloren?“
„Ich habe nichts verloren, aber ich suche nach etwas. "Uberall auf der Welt suche ich nach einer Braut f"ur mich, aber bis jetzt habe ich noch keine gefunden, die mir gefallen w"urde.“
„Na, sieh mal einer an – was f"ur ein mutiger Kerl! Und warum suchst du sie nicht bei euch? Oder gibt es dort, wo du herkommst, keine heiratswilligen Frauen?“
„Doch, es gibt schon welche, aber sie alle langweilen mich, und bisher hat mich keine wirklich interessiert. Ich will eine Frau, mit der ich mich unterhalten kann, die spannende Geschichten zu erz"ahlen weisser und kluger Gedanken hat, die sanft und z"artlich ist, aber einen eigenen Willen hat, die auf ihren Mann h"ort, aber selbst auch nicht um Worte verlegen ist. Vielleicht kannst du mir sagen, ob du hier in der Gegend eine solche Frau kennst? Sonst muss ich weiterziehen, denn ich habe meinen Eltern versprochen, dass ich versuchen w"urde, innerhalb eines Jahres mit einer Braut nach Hause zur"uckzukehren. Das Jahr ist aber schon beinahe um.“
„Nun“, sagte Hartlieb, „ich kenne schon eine, bei der ich mir vorstellen kann, dass sie dir gefallen w"urde, aber sicher kann ich nat"urlich nicht sein. Ich meine Friederike, Antonias Tochter. Diese junge Frau ist eine Sch"onheit ohnegleichen, sie ist klug und hat einen eigenen Willen. Ihre Reden sind s"uss wie Honig, ihre Haltung ist majest"atisch wie eines Schwans, dabei ist sie sanft und z"artlich wie ein K"atzchen. Viele M"anner haben schon um sie geworben, doch Friederike hat sie alle zur"uckgewiesen, denn sie ist eigensinnig und w"ahlerisch. „Ich will einen Mann“, pflegt sie zu sagen, „der mich "uber alles liebt und mir jeden Wunsch von den Augen abliest, aber er soll trotzdem stark sein und einen unbeugsamen Willen haben. Ich will einen Mann, der mir meine Freiheit l"asst und mich gleichzeitig fest an sich bindet. Wenn sich so einer findet, heirate ich ihn, ob er ein Diener ist oder ein K"onig. Gibt es ihn aber nicht, werde ich lieber eine alte Jungfer!“
Donatus war bei der Schilderung des Waldmenschen ganz aufgeregt geworden. „Genauso eine Frau suche ich!“, rief er aus. „Sag mir, wo wohnt Friederike, und wie finde ich dorthin? Ich m"ochte sofort um ihre Hand anhalten! Und dir schenke ich f"ur deinen guten Rat einen goldenen Taler. Damit kannst du deine H"utte winterfest machen, bevor sie ganz und gar auseinanderf"allt.“
„Das Haus, in dem Friederike und Antonia leben, findest du leicht: Wenn du von hier aus immer geradeaus in s"udlicher Richtung gehst, l"aufst du nach etwa zwei Tagen direkt auf das herzogliche Schloss zu, das kannst du nicht verfehlen. Und f"ur dein Geschenk danke ich dir. Es ist wahr: Seit ich das Haus meiner Herrin verlassen habe, habe ich keinen Taler mehr in der Hand gehalten. Nun kann ich die Fenster meiner H"utte verglasen lassen.“
Am n"achsten Morgen begleitete Hartlieb den Prinzen zur T"ur. „Gott sei mit dir!“, sagte er zum Abschied. „M"ogest du dein Gl"uck finden!“ Er blieb lange auf der Schwelle stehen und schaute Donatus nach, als dieser sich entfernte. Endlich seufzte er, ging zur"uck in sein H"auschen und schloss die T"ur.
Wie der Waldmensch gesagt hatte, erreichte Donatus nach zwei Tagen die herzogliche Residenz und klopfte an die T"ur. Obwohl er inzwischen etwas heruntergekommen aussah, zeigte die Herrin sich gastfreundlich, bat ihn herein und bot ihm Speise und Trank an. Anschliessend wollte sie h"oren, woher ihr Gast kam und was er wollte.
„Ich bin hierhergekommen“, sagte der Prinz, „weil man sich erz"ahlt, dass in diesem Haus eine junge Frau von unbeschreiblicher Sch"onheit lebt. Ich m"ochte um ihre Hand anhalten.“ Von seiner Begegnung mit Hartlieb erz"ahlte er nichts, denn er wollte keine alten Wunden aufreissen.
„Eine Sch"onheit lebt hier“, entgegnete die Gastgeberin, „aber bist du ihrer auch w"urdig? Sie ist sehr eigenwillig, meine Tochter Friederike. Und ich werde sie zu nichts zwingen. Ob sie dich liebenswert finden wird oder nicht, kann ich nicht bestimmen.“
Nach diesen Worten klatschte sie zweimal kr"aftig in die H"ande. Die T"ur ging auf und die Tochter der Herzogin betrat den Raum; sie hatte die ganze Zeit im Nebenzimmer gesessen und zugeh"ort. Als Donatus die junge Frau erblickte, verschlug es ihm die Sprache: Sie war wirklich eine aussergew"ohnliche Sch"onheit. Er sass nur da und brachte kein einziges Wort heraus. Friederike l"achelte. Sie setzte sich ihm gegen"uber und sagte:
„Heute kannst du dich ausruhen und dich von deiner "Uberraschung erholen. Aber morgen will ich dich auf die Probe stellen. Wenn du verstehst, wie ich wirklich bin, was ich will und womit man mich halten kann, werde ich deine Braut. Wenn dir das nicht gelingt, musst du einen Monat lang unseren Pferdestall ausmisten. Einverstanden?“