Чтение онлайн

ЖАНРЫ

1915 Кары (сборник)
Шрифт:

"Herr Samsa! " rief der mittlere Herr dem Vater zu und zeigte, ohne ein weiteres Wort zu verlieren, mit dem Zeigefinger auf den langsam sich vorw"artsbewegenden Gregor. Die Violine verstummte, der mittlere Zimmerherr l"achelte erst einmal kopfsch"uttelnd seinen Freunden zu und sah dann wieder auf Gregor hin. Der Vater schien es f"ur n"otiger zu halten, statt Gregor zu vertreiben, vorerst die Zimmerherren zu beruhigen, trotzdem diese gar nicht aufgeregt waren und Gregor sie mehr als das Violinspiel zu unterhalten schien. Er eilte zu ihnen und suchte sie mit ausgebreiteten Armen in ihr Zimmer zu dr"angen und gleichzeitig mit seinem K"orper ihnen den Ausblick auf Gregor zu nehmen. Sie wurden nun tats"achlich ein wenig b"ose, man wusste nicht mehr, ob "uber das Benehmen des Vaters oder "uber die ihnen jetzt aufgehende Erkenntnis, ohne es zu wissen, einen solchen Zimmernachbar wie Gregor besessen zu haben. Sie verlangten vom Vater Erkl"arungen, hoben ihrerseits die Arme, zupften unruhig an ihren B"arten und wichen nur langsam gegen ihr Zimmer zur"uck. Inzwischen hatte die Schwester die Verlorenheit, in die sie nach dem pl"otzlich abgebrochenen Spiel verfallen war, "uberwunden, hatte sich, nachdem sie eine Zeit lang in den l"assig h"angenden H"anden Violine und Bogen gehalten und weiter, als spiele sie noch, in die Noten gesehen hatte, mit einem Male aufgerafft, hatte das Instrument auf den Schoss der Mutter gelegt, die in Atembeschwerden mit heftig arbeitenden Lungen noch auf ihrem Sessel sass, und war in das Nebenzimmer gelaufen, dem sich die Zimmerherren unter dem Dr"angen des Vaters schon schneller n"aherten. Man sah, wie unter den ge"ubten H"anden der Schwester die Decken und Polster in den Betten in die H"ohe flogen und sich ordneten. Noch ehe die Herren das Zimmer erreicht hatten, war sie mit dem Aufbetten fertig und schl"upfte heraus. Der Vater schien wieder von seinem Eigensinn derartig ergriffen, dass er jeden Respekt vergass, den er seinen Mietern immerhin schuldete. Er dr"angte nur und dr"angte, bis schon in der T"ur des Zimmers der mittlere der Herren donnernd mit dem Fuss aufstampfte und dadurch den Vater zum Stehen brachte. "Ich erkl"are hiermit", sagte er, hob die Hand und suchte mit den Blicken auch die Mutter und die Schwester, "dass ich mit R"ucksicht auf die in dieser Wohnung und Familie herrschenden widerlichen Verh"altnisse" – hiebei spie er kurz entschlossen auf den Boden – "mein Zimmer augenblicklich k"undige. Ich werde nat"urlich auch f"ur die Tage, die ich hier gewohnt habe, nicht das Geringste bezahlen, dagegen werde ich es mir noch "uberlegen, ob ich nicht mit irgendwelchen – glauben Sie mir – sehr leicht zu begr"undenden Forderungen gegen Sie auftreten werde. " Er schwieg und sah gerade vor sich hin, als erwarte er etwas. Tats"achlich fielen sofort seine zwei Freunde mit den Worten ein: "Auch wir k"undigen augenblicklich. " Darauf fasste er die T"urklinke und schloss mit einem Krach die

T"ur.

Der Vater wankte mit tastenden H"anden zu seinem Sessel und liess sich in ihn fallen; es sah aus, als strecke er sich zu seinem gew"ohnlichen Abendschl"afchen, aber das starke Nicken seines wie haltlosen Kopfes zeigte, dass er ganz und gar nicht schlief. Gregor war die ganze Zeit still auf dem Platz gelegen, auf dem ihn die Zimmerherren ertappt hatten. Die Entt"auschung "uber das Misslingen seines Planes, vielleicht aber auch die durch das viele Hungern verursachte Schw"ache machten es ihm unm"oglich, sich zu bewegen. Er f"urchtete mit einer gewissen Bestimmtheit schon f"ur den n"achsten Augenblick einen allgemeinen "uber ihn sich entladenden Zusammensturz und wartete. Nicht einmal die Violine schreckte ihn auf, die, unter den zitternden Fingern der Mutter hervor, ihr vom Schosse fiel und einen hallenden Ton von sich gab.

"Liebe Eltern", sagte die Schwester und schlug zur Einleitung mit der Hand auf den Tisch, "so geht es nicht weiter. Wenn ihr das vielleicht nicht einsehet, ich sehe es ein. Ich will vor diesem Untier nicht den Namen meines Bruders aussprechen, und sage daher bloss: wir m"ussen versuchen, es loszuwerden. Wir haben das Menschenm"ogliche versucht, es zu pflegen und zu dulden, ich glaube, es kann uns niemand den geringsten Vorwurf machen. "

"Sie hat tausendmal Recht", sagte der Vater f"ur sich. Die Mutter, die noch immer nicht genug Atem finden konnte, fing in die vorgehaltene Hand mit einem irrsinnigen Ausdruck der Augen dumpf zu husten an.

Die Schwester eilte zur Mutter und hielt ihr die Stirn. Der Vater schien durch die Worte der Schwester auf bestimmtere Gedanken gebracht zu sein, hatte sich aufrecht gesetzt, spielte mit seiner Dienerm"utze zwischen den Tellern, die noch vom Nachtmahl der Zimmerherren her auf dem Tische lagen, und sah bisweilen auf den stillen Gregor hin.

"Wir m"ussen es loszuwerden suchen", sagte die Schwester nun ausschliesslich zum Vater, denn die Mutter h"orte in ihrem Husten nichts, "es bringt euch noch beide um, ich sehe es kommen. Wenn man schon so schwer arbeiten muss, wie wir alle, kann man nicht noch zu Hause diese ewige Qu"alerei ertragen. Ich kann es auch nicht mehr. " Und sie brach so heftig in Weinen aus, dass ihre Tr"anen auf das Gesicht der Mutter niederflossen, von dem sie sie mit mechanischen Handbewegungen wischte.

"Kind", sagte der Vater mitleidig und mit auffallendem Verst"andnis, "was sollen wir aber tun?"

Die Schwester zuckte nur die Achseln zum Zeichen der Ratlosigkeit, die sie nun w"ahrend des Weinens im Gegensatz zu ihrer fr"uheren Sicherheit ergriffen hatte.

"Wenn er uns verst"unde", sagte der Vater halb fragend; die Schwester sch"uttelte aus dem Weinen heraus heftig die Hand zum Zeichen, dass daran nicht zu denken sei.

"Wenn er uns verst"unde", wiederholte der Vater und nahm durch Schliessen der Augen die "Uberzeugung der Schwester von der Unm"oglichkeit dessen in sich auf, "dann w"are vielleicht ein "Ubereinkommen mit ihm m"oglich. Aber so – "

"Weg muss es", rief die Schwester, "das ist das einzige Mittel, Vater. Du musst bloss den Gedanken loszuwerden suchen, dass es Gregor ist. Dass wir es solange geglaubt haben, das ist ja unser eigentliches Ungl"uck. Aber wie kann es denn Gregor sein? Wenn es Gregor w"are, er h"atte l"angst eingesehen, dass ein Zusammenleben von Menschen mit einem solchen Tier nicht m"oglich ist, und w"are freiwillig fortgegangen. Wir h"atten dann keinen Bruder, aber k"onnten weiter leben und sein Andenken in Ehren halten. So aber verfolgt uns dieses Tier, vertreibt die Zimmerherren, will offenbar die ganze Wohnung einnehmen und uns auf der Gasse "ubernachten lassen. Sieh nur, Vater", schrie sie pl"otzlich auf, "er f"angt schon wieder an! " Und in einem f"ur Gregor g"anzlich unverst"andlichen Schrecken verliess die Schwester sogar die Mutter, stiess sich f"ormlich von ihrem Sessel ab, als wollte sie lieber die Mutter opfern, als in Gregors N"ahe bleiben, und eilte hinter den Vater, der, lediglich durch ihr Benehmen erregt, auch aufstand und die Arme wie zum Schutze der Schwester vor ihr halb erhob.

Aber Gregor fiel es doch gar nicht ein, irgend jemandem und gar seiner Schwester Angst machen zu wollen. Er hatte bloss angefangen sich umzudrehen, um in sein Zimmer zur"uckzuwandern, und das nahm sich allerdings auffallend aus, da er infolge seines leidenden Zustandes bei den schwierigen Umdrehungen mit seinem Kopfe nachhelfen musste, den er hierbei viele Male hob und gegen den Boden schlug. Er hielt inne und sah sich um. Seine gute Absicht schien erkannt worden zu sein; es war nur ein augenblicklicher Schrecken gewesen. Nun sahen ihn alle schweigend und traurig an. Die Mutter lag, die Beine ausgestreckt und aneinandergedr"uckt, in ihrem Sessel, die Augen fielen ihr vor Ermattung fast zu; der Vater und die Schwester sassen nebeneinander, die Schwester hatte ihre Hand um des Vaters Hals gelegt.

"Nun darf ich mich schon vielleicht umdrehen", dachte Gregor und begann seine Arbeit wieder. Er konnte das Schnaufen der Anstrengung nicht unterdr"ucken und musste auch hie und da ausruhen. Im "ubrigen dr"angte ihn auch niemand, es war alles ihm selbst "uberlassen. Als er die Umdrehung vollendet hatte, fing er sofort an, geradeaus zur"uckzuwandern. Er staunte "uber die grosse Entfernung, die ihn von seinem Zimmer trennte, und begriff gar nicht, wie er bei seiner Schw"ache vor kurzer Zeit den gleichen Weg, fast ohne es zu merken, zur"uckgelegt hatte. Immerfort nur auf rasches Kriechen bedacht, achtete er kaum darauf, dass kein Wort, kein Ausruf seiner Familie ihn st"orte. Erst als er schon in der T"ur war, wendete er den Kopf, nicht vollst"andig, denn er f"uhlte den Hals steif werden, immerhin sah er noch, dass sich hinter ihm nichts ver"andert hatte, nur die Schwester war aufgestanden. Sein letzter Blick streifte die Mutter, die nun v"ollig eingeschlafen war.

Kaum war er innerhalb seines Zimmers, wurde die T"ur eiligst zugedr"uckt, festgeriegelt und versperrt. "Uber den pl"otzlichen L"arm hinter sich erschrak Gregor so, dass ihm die Beinchen einknickten. Es war die Schwester, die sich so beeilt hatte. Aufrecht war sie schon da gestanden und hatte gewartet, leichtf"ussig war sie dann vorw"artsgesprungen, Gregor hatte sie gar nicht kommen h"oren, und ein "Endlich! " rief sie den Eltern zu, w"ahrend sie den Schl"ussel im Schloss umdrehte.

"Und jetzt?" fragte sich Gregor und sah sich im Dunkeln um. Er machte bald die Entdeckung, dass er sich nun "uberhaupt nicht mehr r"uhren konnte. Er wunderte sich dar"uber nicht, eher kam es ihm unnat"urlich vor, dass er sich bis jetzt tats"achlich mit diesen d"unnen Beinchen hatte fortbewegen k"onnen. Im "ubrigen f"uhlte er sich verh"altnism"assig behaglich. Er hatte zwar Schmerzen im ganzen Leib, aber ihm war, als w"urden sie allm"ahlich schw"acher und schw"acher und w"urden schliesslich ganz vergehen. Den verfaulten Apfel in seinem R"ucken und die entz"undete Umgebung, die ganz von weichem Staub bedeckt waren, sp"urte er schon kaum. An seine Familie dachte er mit R"uhrung und Liebe zur"uck. Seine Meinung dar"uber, dass er verschwinden m"usse, war wom"oglich noch entschiedener, als die seiner Schwester. In diesem Zustand leeren und friedlichen Nachdenkens blieb er, bis die Turmuhr die dritte Morgenstunde schlug. Den Anfang des allgemeinen Hellerwerdens draussen vor dem Fenster erlebte er noch. Dann sank sein Kopf ohne seinen Willen g"anzlich nieder, und aus seinen N"ustern str"omte sein letzter Atem schwach hervor.

Als am fr"uhen Morgen die Bedienerin kam – vor lauter Kraft und Eile schlug sie, wie oft man sie auch schon gebeten hatte, das zu vermeiden, alle T"uren derartig zu, dass in der ganzen Wohnung von ihrem Kommen an kein ruhiger Schlaf mehr m"oglich war –, fand sie bei ihrem gew"ohnlichen kurzen Besuch an Gregor zuerst nichts Besonderes. Sie dachte, er liege absichtlich so unbeweglich da und spiele den Beleidigten; sie traute ihm allen m"oglichen Verstand zu. Weil sie zuf"allig den langen Besen in der Hand hielt, suchte sie mit ihm Gregor von der T"ur aus zu kitzeln. Als sich auch da kein Erfolg zeigte, wurde sie "argerlich und stiess ein wenig in Gregor hinein, und erst als sie ihn ohne jeden Widerstand von seinem Platze geschoben hatte, wurde sie aufmerksam. Als sie bald den wahren Sachverhalt erkannte, machte sie grosse Augen, pfiff vor sich hin, hielt sich aber nicht lange auf, sondern riss die T"ur des Schlafzimmers auf und rief mit lauter Stimme in das Dunkel hinein: "Sehen Sie nur mal an, es ist krepiert; da liegt es, ganz und gar krepiert! "

Поделиться с друзьями: