Heute oder nie!
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DOKTOR: Und was war dann weiter?
JOHANNA: Weiter hat Anton, anstatt die Summe zur"uckzugeben, auch dieses Geld verspielt. Die Schulden verdoppelten sich. Er rennt wieder zur Schwester und fleht sie an, ihn zu retten. Marina liebt den Bruder bis zum Ged"achtnisverlust und gibt nach. Und so versanken wir langsam aber sicher in einem Loch, aus dem wir nicht mehr herauskommen. Sie stellen sich nicht vor, wie schwer das ist: Zu wissen, dass der Mann ein Spieler ist, dass er auf der schiefen Bahn ist und die ganze Familie mit sich zieht, ihn zu lieben und retten zu wollen und nicht in der Lage zu sein, irgendetwas zu "andern…
DOKTOR: So… Aber was habe ich mit all dem zu tun?
JOHANNA: (Verwirrt geworden.) Ehrlich gesagt, diesen Teil der Geschichte zu erz"ahlen ist besonders unangenehm, aber wer „A“ sagt, muss auch „B“ sagen. Uns an Sie zu wenden, das ist meine eigene Idee.
DOKTOR: Und worin bestand die Idee?
JOHANNA: Wir begriffen, dass man uns dicht auf den Fersen ist und aufdecken wird, und in mir reifte der Plan, schnellstens daf"ur zu sorgen, dass Anton f"ur unzurechnungsf"ahig erkl"art wird. Dann k"onnte er Gericht und Urteil "uberstehen. Aber dazu brauchte man die Bescheinigung eines kompetenten und ordentlichen Arztes. So eines, wie Sie.
DOKTOR: Ach, so liegt die Sache…
JOHANNA: Wir begriffen, dass auf gew"ohnlichem Weg von Ihnen eine Bescheinigung zusammen mit der Krankengeschichte zu bekommen unm"oglich ist.
DOKTOR: Richtig.
JOHANNA: Und so habe ich mir ausgedacht, einen massierten Angriff gegen Sie zu starten, um Sie durcheinanderzubringen, in v"ollige Verwirrung, um auf diese Weise zu bekommen, was wir brauchten. Wir studierten die Symptome der Krankheit aus einem Fachbuch und haben Ihnen zu dritt dieses Spektakel vorgespielt. (Schuldbewusst.) Ich gestehe, dass das nicht klug war, unordentlich und grausam. Wir bedauern das sehr.
Marina sitzt die ganze Zeit mit gesenktem Kopf.
DOKTOR: Was weiter?
JOHANNA: Nichts. Aus.
DOKTOR: Marina, wollten Sie mir das gestehen?
MARINA: (Ohne den Kopf zu heben.) Ja.
JOHANNA: Jetzt k"onnen Sie uns hinaus werfen. Aber wir werden auch selbst gehen. Wir bitten nicht um Verzeihung – wir verdienen sie nicht. (Nimmt Marina an der Hand und geht mit ihr zum Ausgang.)
DOKTOR: Warten Sie. (Freudig.) Sie denken, dass Sie mich betr"ubt h"atten, aber tats"achlich haben Sie mich sehr erfreut.
JOHANNA: Womit?
DOKTOR: (Findet seinen Optimismus und seine Selbstsicherheit wieder.) Erstens damit, dass Sie gestanden und dadurch die Schuld von sich genommen haben. Zweitens, weil ich mich noch vor einer halben Stunde f"ur einen Schwachsinnigen hielt, jetzt aber "uberzeugt bin, dass ich vollkommen gesund bin. Und die Hauptsache, Marina erweist sich nicht als verheiratet, sondern als frei!
JOHANNA: Ja, frei. Wenn man nicht ber"ucksichtigt, dass man sie f"ur etwa acht Jahre hinter Gitter bringt.
DOKTOR: (Erschreckt.)Wie, „acht Jahre“? (An Marina.) Ist das wahr?
Marina zuckt wortlos mit den Schultern.
JOHANNA: Morgen wird man sie verhaften.
DOKTOR: Das lasse ich nicht zu!
JOHANNA: Was werden Sie tun k"onnen?
DOKTOR: Ich weiss noch nicht, aber ich lasse das nicht zu! Ich werde protestieren! Ich… Ich werde Ihnen eine Bescheinigung ausstellen, dass Sie unzurechnungsf"ahig sind. Allen dreien. Und mir selbst auch, f"ur alle F"alle.
JOHANNA: Doktor, seien Sie ernst. Die Bank fordert die sofortige R"uckgabe des Gelds.
DOKTOR: Wer fordert? Dieser Vizepr"asident, der mehr einem Schn"uffler gleicht? Rufen Sie ihn hierher. Ich reguliere diese Sache.
JOHANNA: Doktor, das ist unm"oglich.
DOKTOR: Kleinigkeiten. Rufen Sie Ihren Bankier.
Johanna und Marina tauschen Blicke aus. Marina geht schulterzuckend hinaus.
JOHANNA: Wie wollen Sie die Sache mit der Bank regeln?
DOKTOR: Sehr einfach. Ich bezahle ihr dieses l"acherliche Geld.
JOHANNA: Sie stellen sich die Summe nicht ganz vor, um die es geht.
DOKTOR: Das interessiert mich nicht.
JOHANNA: Ich f"urchte, dass Ihr Geldbeutel nicht ausreicht.
DOKTOR: Keine Angst. Ich bin ein sehr verm"ogender Mann.
JOHANNA: Aber um wessen Willen sein Geld verlieren, wegen unbekannter Leute, die Sie ausserdem noch betrogen haben? Brauchen Sie denn kein Geld?
DOKTOR: Und wozu n"utzt es mir? Ich esse nichts Fettes, Salziges, Scharfes, Teures und Gutes. Wie alle reichen Leute halte ich Di"at und arbeite die "ubrige Zeit.
Marina und der Vizepr"asident treten ein. Der Doktor wendet sich an den Mann.
Mein Lieber, darf man denn wegen irgendwelchem Geld eine so reizende Frau verfolgen?
VIZEPR"ASIDENT: Geld ist nat"urlich Unsinn. Es gibt im Leben wichtigere Dinge: Liebe, Sch"onheit, Gesundheit, G"ute…
DOKTOR: Ganz genau.
VIZEPR"ASIDENT: Andererseits, wenn Geld Unsinn ist, warum es dann nicht zur"uckgeben?
DOKTOR: Weil ihr Bruder es im Casino verspielt hat. Sie hat keinen einzigen Cent.
VIZEPR"ASIDENT: (An Marina.) Stimmt das? (Marina antwortet nicht.) Warum haben Sie das fr"uher nicht gesagt?
MARINA: Was h"atte das ge"andert?
VIZEPR"ASIDENT: Im Grunde nichts. Aber jetzt verstehe ich wenigstens Ihr Verhalten. Allerdings, das Geld muss trotzdem zur"uckgegeben werden.
DOKTOR: Sagen Sie, wie viel? (Zieht den Geldbeutel heraus.)
VIZEPR"ASIDENT: Die Summe ist armselig, man kann sagen ein Nichts, einfach l"acherlich, eine v"ollige Kleinigkeit, es lohnt sich nicht, dar"uber zu reden.
DOKTOR: K"onnen Sie die ann"ahernde Summe nennen?
VIZEPR"ASIDENT: Zwei Millionen Euro.
DOKTOR: Zwei Millionen Euro?!
VIZEPR"ASIDENT: So etwa. Wie Sie verstehen, darf man das als Bank nicht als Verlust bezeichnen. Viel ernster ist die Tatsache der Entwendung und des Betrugs. Glauben Sie mir, mir wird es sehr schwer fallen, die Sache zu vertuschen.
DOKTOR: Ich verstehe und sch"atze das sehr. (Steckt den Geldbeutel ein. An Marina.) Ich f"urchte, Liebe, ich bin nicht in der Lage, der Bank diese nichtige Summe zur"uckzugeben. Wie hat es denn Ihr Bruder fertig gebracht, so eine Unsumme zu verspielen?