Bitterschokolade (Горький шоколад)
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Als Eva aus dem Haus trat, schlug ihr die Hitze entgegen, flimmerte ьber den Asphalt der StraЯe und brannte in ihren Augen. Fast bedauerte sie es schon, nicht in ihrem kьhlen, ruhigen Zimmer geblieben zu sein. Sie nahm den Weg durch den Park. Er war zwar ein bisschen lдnger, aber wenn sie unter den Bдumen ging, war die Hitze ertrдglicher.
Die Parkbдnke waren ziemlich leer um diese Zeit. Sie kam an den Bьschen vorbei, hinter denen sie ihren Heringssalat gegessen hatte. Sie betrachtete den Kies auf dem Weg. Er war gelblich braun und auch ihre nackten Zehen waren schon von einer gelblich braunen Staubschicht
»Hoppla!«, hцrte sie. »Hast du dir wehgetan?«
Sie hob den Kopf. Vor ihr stand ein Junge, vielleicht in ihrem Alter, und streckte ihr die Hand entgegen. Verblьfft griff sie danach und lieЯ sich von ihm beim Aufstehen helfen. Dann bьckte er sich und reichte ihr das Handtuch mit dem Badeanzug, das auf den Boden gefallen war. Sie rollte es wieder zusammen.
»Danke.«
Ihr Knie war aufgeschьrft und brannte.
»Komm«, sagte der Junge. »Wir gehen rьber zum Brunnen. Da kannst du dir dein Knie abwaschen.«
Eva schaute auf den Boden. Sie nickte. Der Junge lachte. »Na los, komm schon.« Er nahm ihre Hand und sie humpelte neben ihm her zum Brunnenrand.
»Ich heiЯe Michel. Eigentlich Michael, aber alle sagen Michel zu mir. Und du?«
»Eva.« Sie schaute ihn von der Seite an. Er gefiel ihr.
»Eva.« Er dehnte das »e« ganz lang und grinste.
Sie war durcheinander und das Grinsen des Jungen machte sie bцse. »Da gibt es nichts zu lachen«, fauchte sie. »Ich weiЯ selbst, wie komisch das ist, wenn ein Elefant wie ich auch noch Eva heiЯt.«
»Du spinnst ja«, sagte Michel. »Ich habe dir doch gar nichts getan. Wenn es dir nicht passt, kann ich ja wieder gehen.«
Aber er ging nicht.
Dann saЯ Eva auf dem Brunnenrand. Sie hatte ihre Sandalen ausgezogen und stellte ihre nackten FьЯe in das seichte Wasser. Michel stand im Brunnen drin, schцpfte mit der hohlen Hand Wasser und lieЯ es ьber ihr Knie rinnen. Es brannte und lief als brдunlich blutige SoЯe an ihrem Schienbein hinunter.
»Zu Hause solltest du dir ein Pflaster draufmachen.«
Sie nickte.
Michel stakte frцhlich im Brunnen herum. Eva musste lachen. »Eigentlich wollte ich ja ins Schwimmbad. Aber der Brunnen tut's auch.«
»Und kostet nichts«, sagte Michel.
Eva stampfte ins Wasser, dass es hoch aufspritzte. Sie bьckte sich und sprengte sich Wasser in das erhitzte Gesicht. Dann saЯen sie wieder auf dem Mдuerchen, das um den Brunnen herumfьhrte.
»Wenn ich Geld hдtte, wьrde ich dich zu einer Cola einladen«, sagte Michel. »Aber leider ...!«
Eva nestelte an ihrer Rocktasche und hielt ihm ein Fьnfmarkstьck hin. »Bitte, lade mich ein.« Sie wurde rot.
Michel lachte wieder. Er hatte ein schцnes Lachen. »Du bist ein komisches Mдdchen.« Er nahm das Geld und einen Augenblick lang berьhrten sich ihre Hдnde.
»So, jetzt bin ich reich«, rief er ьbermьtig. »Was mцchte die Dame haben? Cola oder Limo?«
Sie gingen nebeneinander her zum anderen Ende des Parks, zum Gartencafe. Es war das erste Mal, dass sie mit einem Jungen ging, auЯer mit ihrem Bruder natьrlich. Sie schaute ihn von der Seite an.
»Eva ist doch ein schцner Name«, sagte Michel plцtzlich.
»Nur ein bisschen altmodisch klingt er. Aber das gefдllt mir.«Sie fanden noch zwei freie Plдtze an einem Tisch unter einer groЯen Platane. Hier war es voll. Die Leute lachten und redeten und tranken Bier. Die Cola war eiskalt.
»Mir war es ziemlich langweilig vorhin, bevor ich dich getroffen habe.«
»Mir auch.«
»Wie alt bist du?«, fragte Michel.
»Fьnfzehn. Und du?«
»Ich auch.«
»In welche Klasse gehst du?«, fragte Eva.
»In die Neunte. Fьr mich ist es bald aus mit der Lernerei.«
»Ich gehe auch in die Neunte. Ins Gymnasium.«
»Ach so.«
Sie schwiegen beide und nuckelten an ihrer Cola. Wenn ich nichts sage, hдlt er mich fьr doof und langweilig, dachte Eva. Aber er sagt ja auch nichts.
»Was machst du, wenn du mit der Schule fertig bist?«
»Ich? Ich werde Matrose. Natьrlich nicht gleich, aber in ein paar Jahren bin ich Matrose, darauf kannst du dich verlassen. Fьr mich gibt's diese ewige Stellensucherei nicht. Ich habe einen Onkel in Hamburg, der sucht ein Schiff fьr mich, als Schiffsjunge erst mal. Mein Onkel kennt genьgend Leute, der bringt mich bestimmt unter. Sobald ich mein Zeugnis in den Hдnden habe, geht es los.«
Eva gab es einen Stich. Er wьrde bald nicht mehr da sein. Blцde Gans, dachte sie und zwang sich zu einem Lдcheln. »Ich muss noch ein paar Jahre in die Schule gehen.«
»Fьr mich wдre das nichts, immer diese Hockerei.«
»Mir macht es SpaЯ.«
Michel rьlpste laut. Die Bedienung kam vorbei. Michel winkte ihr und bezahlte. Eine Mark bekam er heraus. Er nahm sie und steckte sie ein. Eigentlich gehцrt sie mir, die Mark, dachte Eva.
Michel fragte: »Tut dein Knie noch weh?«
Eva schьttelte den Kopf. »Nein, aber ich will jetzt heim.«
Sie gingen mit ruhigen, gleichmдЯigen Schritten nebeneinander her. Obwohl sie sich nicht berьhrten, achteten sie darauf, dass ihre Schritte gleich lang waren.
»Gehen wir morgen zusammen ins Schwimmbad?«, fragte Michel.
Eva nickte. »Wann treffen wir uns?«
»Um drei am Brunnen. Ist dir das recht?«
Vor Evas Haus angekommen, gaben sie sich die Hдnde.
»Tschьss, Eva.«
»Auf Wiedersehen, Michel.«
Die Mutter und Berthold waren noch nicht da. Eva schaute auf die Uhr. Viertel nach Fьnf. In einer halben Stunde wьrde ihr Vater nach Hause kommen. Eva ging ins Badezimmer und drehte den Wasserhahn an. Sie lieЯ das kalte Wasser ьber ihre Hдnde und Arme laufen und schaute in den kleinen Spiegel ьber dem Waschbecken. Sie hatte rцtliche Backen bekommen von der Sonne. Das sah eigentlich ganz schцn aus. Ihr Gesicht war ьberhaupt nicht so ьbel, und ihre Haare waren ausgesprochen schцn, dunkelblond und lockig,